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Die Ostereier
( Christoph von Schmidt )
6. Ein Ei, das wirklich in Perlen gefasst wird
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Wenn euch je noch daran liegt, von dem guten Arno von Lindenburg zu hören,
und das Andenken an ihn in eurem Herzen noch nicht erloschen ist, so kann ich
euch die fröhlichsten Nachrichten von ihm mitteilen. Es ist Friede! Mit
Siegeskränzen geschmückt kehrte das christliche Heer zurück.
Euer Gemahl hat seine geraubten Burgen wieder erobert. Der Bösewicht Hanno
rettete sich mit genauer Not in dieses Gebirge und auch aus diesem hat er sich
schon weiter flüchten müssen. Der innigste Wunsch eures Gemahls ist
nun, euch, seine geliebte Gemahlin, wieder aufzufinden.
O Gott, rief jetzt die Frau, welch eine Freudenbotschaft! O wie danke ich dir
lieber Gott! Sie sank auf die Knie, und reichliche Tränen flossen
über ihre Wangen. Ja, sprach sie, du guter Gott, hast meine Tränen
gesehen, meine stillen Seufzer vernommen, mein unaufhörliches Flehen
erhört! - Kannst du zweifeln, fremder Mann, sagte sie zum Pilger, ob ich
meines Gemahls noch gedenke, ob sein Andenken in meinem Herzen erloschen? - O
meine Kinder, rief sie jetzt ihren zwei kleinen zu, die schüchtern in
einiger Entfernung standen, und den fremden Mann neugierig betrachteten - o,
kommt hierher! Beide Kinder kamen eilig.
Du, Edmund, sprach sie jetzt zum Knaben, indem sie ihn ermunterte, nicht scheu,
sondern hübsch dreist zu sein, sage dem Manne hier das kleine Gebet, das
wir alle Morgen für den Vater beten. Der Kleine faltete, als ob es
allezeit so sein müsste, auch wenn man ein Gebet auch auswendig hersagte,
andächtig die Hände, und sprach mit sichtbarer Rührung, die
Augen zum Himmel gerichtet, laut und mit Ausdruck: Lieber Vater im Himmel! sieh
auf uns zwei kleine Weislein hinab! Unser Vater ist im Kriege. O lass ihn nicht
umkommen! O wir wollen auch recht fromm und gut sein, damit der liebe Vater
Freude habe, wenn er uns einmal wieder sieht! Ach ja, erfülle unsere
Bitte!
Und du, Blanda, sagte sie zum goldlockigen Mädchen mit den Rosenwangen,
sag, wie beten wir abends für den Vater, ehe wir uns schlafen legen? Das
Kind faltete ebenso wie der Knabe die kleinen Händchen, schlug die blauen
Augen zum Himmel auf, und betete schüchtern mit sanfter, leiser Stimme:
Lieber Vater im Himmel! Ehe wir zur Ruhe gehen, flehen wir noch zu dir für
unsern Vater auf Erden. Lass ihn sanft ruhen, und dein Engel beschütze ihn
vor feindlichem Überfall. Schenke auch der lieben Mutter sanften Schlaf,
damit sie ihren tiefen Kummer ein wenig vergesse. Oder wenn du ihr auch den
süßen Schlaf entziehen willst, so lass ihn auf die Augenlieder des
Vaters sanft herabsinken. O möchte dieser Abend der letzte unserer
traurigen Trennung sein! Möchte bald der frohe Morgen jenes Tages
anbrechen, an dem wir ihn wiedersehen.
Amen! Amen! sagte die Mutter, indem sie die Hände faltete und weinend zum
Himmel aufblickte. - -
Jetzt fing der Pilger mit einem Male an laut zu weinen. In einem Augenblicke
hatte er die Verkleidung - Haare und Bart, Pilgermantel und Pilgerrock hinweg
geworfen - und stand nun in prächtiger, ritterlicher Tracht, in Gold und
Purpur, in jugendlicher Schönheit, voll Kraft und Leben da und breitete
seine Arme weit gegen die Frau und Kinder aus, und rief mit lauter,
herzdurchdringender Stimme: O Rosalinde, meine Gemahlin! O Edmund und Blanda,
meine liebsten Kinder!
Die Mutter war von plötzlichen Freudenschrecken wie betäubt. die
Kinder, die bei dem lauten Weinen des Pilgers eben zu ihrer Mutter aufgeblickt
hatten, als wollten sie um Hilfe für den Mann flehen, schauten, als sie
jetzt ihren Namen hörten, um - und erschraken über das Wunder, das
sie zu sehen glaubten, denn sie meinten, da die Mutter ihnen öfters aus
der Legende erzählt hatte, nicht anders, als der Greis habe sich mit einem
Male in einen schönen Jüngling verwandelt. O wie entzückt waren
sie, als die Mutter ihnen nun sagte, der schöne Herr sei ihr lieber Vater,
von dem sie ihnen so oft erzählt habe.
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