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Ostergeschichten
und -märchen
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Die Ostereier
( Christoph von Schmidt )
3. Jetzt gibt es Eier im Überfluss
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Weil die guten Leute im Tale gegen die fremde Frau immer gar so gefällig
gewesen, so war sie schon lange darauf bedacht, ihnen auch wieder eine Freude
zu machen, und ihnen ihre ärmliche Haushaltung zu erleichtern. Die gute
Frau hatte daher Eier und junge Hühner sehr geschont, und da sie nun einen
schönen Vorrat von Eiern und auch mehrere bereits erwachsenen Hühner
beisammen hatte, schickte sie Martha ins Tal, alle Hausmütter auf den
morgigen Tag, der ein Sonntag war, zu einem ländlichen Mittagessen
einzuladen. sie kamen mit Freuden, und in ihrem schönsten Aufputze. In dem
kleinen Gärtchen hatte der alte Diener einen ländlichen Tisch mit
einigen Bänken bereitet. Hier mussten sie Platz nehmen.
Martha brachte hierauf einen großen Korb voll Eier. Sie waren alle so
reinlich, dass man kein Flecklein daran sah, und so weiß wie Schnee. Die
Hausmütter erstaunten, und wunderten sich nicht wenig über die Menge
von Eiern. Gottlob! sagte die Frau, jetzt gibt es Eier im Überfluss, und
es ist allerdings ein schöner Anblick, so viele reinliche Eier beisammen
zu sehen. Nun will ich euch aber auch zeigen, wie man sie in der Haushaltung
benützen kann.
In einer Ecke des Baumgärtchens, unten an einem Felsen war Feuer
aufgemacht. eine große Pfanne voll Wasser hing über dem Feuer. die
Frau schlug zuerst ein Ei auf, um zu zeigen, wie es innen aussehe, bevor es in
das heiße Wasser komme. alle betrachteten mit Aufmerksamkeit die
schöne, kristallhelle Flüssigkeit, in der gleich eine gelbe Kugel der
Dotter schwamm. Nun wurden so viele Paar Eier, als es Gäste waren, weich
gesotten. Auf dem Tische war Salz und weißes, länglich geschnittenes
Brot in Bereitschaft. Die Frau lehrte sie die Eier öffnen, und nun
wunderten sich alle, wie das Durchsichtige des Eis so schön weiß wie
Milch aussah, und ebenso, wie das Gelbe, fester geworden. Alle lobten, indem
sie nach Anweisung der Frau die Eier mit dem Brote austunkten, die treffliche
Speise. Da hat man, sagte sie, Geschirr und Speise gleich beisammen. Und wie
schön und reinlich, wie lieblich weiß und gelb alles aussieht! Wie
schnell ohne Kunst, ohne allen Aufwand ein Ei gekocht ist. Auch für Kranke
könnte man nicht leicht eine wohlfeilere und nahrhafte Speise finden.
Die Frau schlug hierauf Eier in heißes Schmalz. Dieses war für die
Köhlerinnen wieder eine neue Erscheinung. Wie das Gelbe so schön vom
Weißen umgeben ist, sagten sie, wie bei den großen weißen und
gelben Wiesenblumen, die man Ochsenauge nennt. Die Eier wurden nach und nach
auf grünen Spinat gelegt, der in einer großen flachen Schüssel
bereit stand, und auch diese Speise wurde von allen gelobt. So machte die Frau
noch andere Eierspeisen, und unterrichtete die Köhlerinnen, wie die Eier
nicht nur an und für sich eine gesunde Speise seien, sondern mit noch
größerem Vorteil zur besseren Bereitung anderer, und besonders der
Speisen von Mehl benützt werden können.
Zuletzt wurde schöner Ackersalat aufgetragen. Kuno brachte einen Teller
voll Eier, die schon früher hart gesotten worden, damit sie indes wieder
kalt würden. Der fröhliche Alte ließ aus Scherz die Eier
fallen, dass sie auf dem steinigen Boden herumrollten. Die Köhlerinnen am
Tische erschraken, dass sie laut aufschrieen. Sie meinten die Eier würden
ausfließen. Aber wie wunderten sich alle, als die Frau die Schalen rein
ablöste, und jedes Ei so durchaus hart erschien, dass es sich schneiden
ließ. Die Sache schien ihnen ein Wunder. Indes sagte ihnen die Frau, wie
man die Eier hart siede, und legte die zierlich geschnittenen Eier auf den
Salat, und auch diese Speise schmeckte den Gästen sehr gut.
Nachdem die Mahlzeit geendet war, verteilte die Frau einige Hähne und
mehrere Hennen unter die Hausmütter. Sie sagte ihnen, dass eine Henne des
Jahres hundert bis hundertfünfzig Eier lege. Über hundert Eier!
riefen alle erstaunt. Welch ein großer Nutzen in der Haushaltung! Die
guten Hausmütter brachten mit den Hühnern eine große Freude ins
Tal.
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