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Ostergeschichten
und -märchen
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Die Ostereier
( Christoph von Schmidt )
8. Die Krebse
- Seite 2 ( von 4 ) -
Eine untreue Tochter, wie du, wird einst eine untreue Hausfrau, die den
Schweiß ihres Mannes und den Not und Ehrenpfennig ihrer Kinder durch die
Kaffeemühle jagt. O beflecke dein Gewissen nicht, um deinen Gaumen zu
kitzeln. Ich wollte lieber mein Leben lang mit schwarzem Brote und klarem
Wasser vorlieb nehmen, als unrecht tun. Wer so naschhaft ist, kann auf die
Achtung der Menschen keinen Anspruch mehr machen; er wird in ihren Augen klein
und verächtlich.
Ja, sagte die Mutter, so ist es, wie der Vater sagt - und deine schönen
Zähne verdirbst du dir mit den Süßigkeiten auch. Du bekommst in
Bälde Zahnlücken, ja alle Zähne werden schwarz und faulen dir
wohl gar aus - das viele Zuckerbrot verdirbt den Magen und hunderterlei
Krankheiten sind die Folgen der unmäßigen Esslust. Wie viele arme
Kranke hättest du mit dem Gelde, das du seit den Jahren deiner Kindheit
vernascht und womit du dir nur Krankheiten eingekauft hast, erquicken
können! Bedenke doch, dass der Mensch nicht bloß einen Magen hat,
sondern auch ein Herz. Die Freude des Herzens, Arme zu erquicken und Trauernde
zu erfreuen, ist unendlich höher, als das geringe, kurze Vergnügen an
einer Speise. Fürchte dich doch vor der Sünde! Denk an mich, Gott
bestraft dich gewiss noch, wenn du dich nicht besserst. Jeder Betrug kommt am
Ende doch auf. Es ist kein Fädelein so fein gesponnen, es kommt einst an
die Sonne.
So ist es, sprach der Vater, ich selbst habe es erlebt, das Gott die listigen
Betrügereien schlechter Menschen wunderbar an das Tageslicht brachte, und
das die Betrüger dann zur Strafe gezogen wurden. Ich denke, wenn du wieder
einen solchen Streich machst, so bleibt er gewiss nicht verborgen. Dann geht es
dir nicht gut, ich sperre dich vier Wochen lang ein - bei Wasser und Brot, um
dich an Mäßigkeit zu gewöhnen.
Katharina sah die Wahrheit der väterlichen und mütterlichen
Ermahnungen ein, sie vergoss Tränen der Reue, sie versprach, sich gewiss
zu bessern. Allein bald verfiel sie wieder in den alten Fehler. Ihre Eltern
fuhren eines Morgens in eine benachbarten Handelsstadt. Der Vater hatte dort
Geschäfte, die Mutter wollte dort eine kranke Base besuchen. die Eltern
schärften es Katharina sehr ein, wohl hauszuhalten und keine solchen
Einladungen wie das letzte Mal zu machen. Allein zwei von Katharinas
Freundinnen kamen uneingeladen. Katharina dachte: Es wäre doch nicht
schicklich, sie so ganz trocken abzufertigen, ohne ihnen wenigstens eine Schale
Kaffee vorzusetzen. Sie nahm sich aber vor, es den Eltern nicht zu
verheimlichen. Indes war sie nicht so lustig als sonst. die zwei Freundinnen
gingen deshalb auch früher, als sie im Sinne gehabt hatten.
Bald darauf kam ein Bauersmann mit seinem Zwerchsacke über den Schultern
und wollte für seinen kleinen Knaben, den er bei sich hatte, rotes Tuch zu
einem Brustfleck einkaufen. Der Mann fand aber das Tuch zu teuer und griff
schon nach der Türe. Da sagte Katharina: Was habt ihr denn da in eurem
Sacke, das ein so sonderbares Geräusch von sich gibt?
Krebse! sagte der Mann.
Was, Krebse? rief Katharina, die sollen ja recht gut zu essen sein?
Das denke ich, sagte der Mann, sie sind die Leibspeise eures Herrn
Bürgermeisters.
Sind sie feil? fragte Katharina sehr schnell.
Sie sind fast so gut als verkauft, sagte der Mann, die Frau
Bürgermeisterin nimmt immer alle, die ich bringe. An diesen wird sie aber
eine besondere Freude haben und sie mir gut bezahlen. Seht da! sagte er, indem
er den Sack öffnete, sie sind sehr groß, sie würden eine
fürstliche Tafel zieren. Nun, wisst ihr was, sagte Katharina, ich nehme
ein Dutzend davon.
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