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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am Palmsonntag
( Martin Luther )
- Seite 7 ( von 8 ) -
Also spricht St. Paulus Röm. 4, 25, dass Christus gestorben ist um unsere
Sünde, und auferstanden um unsere Gerechtigkeit; das ist, in seinem Leiden
macht er unsere Sünde bekannt, und erwürgt sie also; aber durch sein
Aufstehen macht er uns gerecht und los von allen Sünden, so wir anders
dasselbige glauben.
Zum vierzehnten, wenn du nun nicht glauben magst, so sollst du, wie vorhin
gesagt, Gott darum bitten. Denn dieser Punkt ist auch allein in Gottes Hand,
ist freie Gnade, und wird auch gleich gegeben, zuweilen öffentlich,
zuweilen heimlich, wie von dem Punkt des Leidens gesagt ist. Du wollest dich
aber dazu reizen: Zum ersten nicht das Leiden Christi mehr anzusehen (denn das
hat nun sein Werk getan, und dich erschreckt), sondern durchhin dringen, und
ansehen sein freundlich Herz, wie voller Liebe das gegen dich ist, die ihn dazu
zwingt, dass er dein Gewissen und deine Sünde so schwer und schmerzlich
trägt. Also wird dir das Herz gegen ihn süße, und die
Zuversicht des Glaubens gestärkt.
Darnach steige weiter durch Christi Herz zu Gottes Herz, und siehe, dass
Christus die Liebe dir nicht hätte zu erzeigen vermocht, wenn es Gott
nicht in ewiger Liebe hätte haben wollen, welchem Christus mit seiner
Liebe zu dir gehorsam ist. Da wirst du finden das göttliche gute
Vaterherz, und wie Christus sagt, also durch Christum zum Vater gezogen; da
wirst du denn verstehen den Spruch Christi, Joh. 3, 16: Also hat Gott die Welt
geliebt, dass er seinen einigen Sohn gab etc. Das heißt dann Gott recht
erkannt, wenn man ihn nicht bei der Gewalt oder Weisheit (die schrecklich
sind), sondern bei der Güte und Liebe ergreift; da kann der Glaube und
Zuversicht dann bestehen, und ist der Mensch also wahrhaftig neu in Gott
geboren.
Zum fünfzehnten: Wenn also dein Herz in Christo bestätigt ist, und du
nun den Sünden feind geworden bist aus Liebe, nicht aus Furcht der Pein,
so soll hinfürder das Leiden Christi auch ein Exempel sein deines ganzen
Lebens. Und nun ist dasselbige auf eine andere Weise zu bedenken. Denn bisher
haben wir es bedacht als ein Sakrament, das in uns wirkt, und wir leiden; nun
bedenken wir es, dass wir auch wirken, nämlich also:
So dich ein Wehtag oder Krankheit beschwert, denke, wie geringe und leicht
erträglich das sei gegen die Dornenkrönung und die Nägel
Christi.
So du tun oder lassen musst, was dir widerlich ist, denke, wie Christus
gebunden und gefangen hin und her geführt wird.
Ficht dich die Hoffart an, siehe, wie dein Herr verspottet und mit den
Schwächen verachtet wird.
Stößt dich Unkeuschheit und Lust an, gedenke, wie bitterlich Christo
sein zartes Fleisch zergeißelt, durchstochen und durchschlagen wird.
Ficht dich Hass und Neid an, oder suchst du Rache, gedenke, wie Christus mit
vielen Tränen und Rufen für dich und alle seine Feinde gebeten hat,
der sich wohl hätte rächen mögen.
So dich Trübsal oder allerlei Widerwärtigkeit, leiblich oder
geistlich, bekümmert, stärke dein Herz, und sprich: Ei, warum sollte
ich denn nicht auch eine kleine Betrübnis leiden, so mein Herr im Garten
Blut vor Angst und Betrübnis schwitzt? Ein fauler schändlicher Knecht
wäre das, der auf dem Bett liegen wollte, wenn sein Herr in
Todesnöten streiten muss.
Siehe, also wider alle Laster und Untugend kann man in Christo Stärke und
Labsal finden. Und das ist recht Christi Leiden bedacht, das sind die
Früchte seines Leidens, und wer also sich darinnen übt, der tut
besser, denn dass er alle Passion hörte, oder alle Messen läse. Nicht
als ob das Passion Hören etc. nicht gut sei, sondern nur dass es ohne
solches rechte Bedenken und inwendig Übung der Passion nichts hilft.
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