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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am Palmsonntag
( Martin Luther )
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Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer
wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst. Das sagte er
aber (spricht der Evangelist) zu deuten, mit welchem Tode er Gott preisen
würde. Da stehet's; aller Heiligen Leiden (es sei auch gleich Johannis des
Täufers und der Jungfrau Maria) hat diese Ursache, Zweck und Bedeutung,
dass Gott für das Volk; und nicht für das Volk allein, sondern, dass
er die Kinder Gottes, die zerstreut waren, zusammen brächte, Joh. 11, 51
f.
Der Heiligen Leiden mag man wohl predigen; aber darauf soll man fleißig
Achtung geben, dass man sie gar unterschiedlich handle gegen dem Leiden
Christi. Vor Zeiten im Papsttum hat man des Herrn Leiden also gepredigt, dass
man allein angezeigt hat, wie man seinem Exempel nachfolgen solle. Darnach hat
man die Zeit zugebracht mit den Schmerzen und Leiden Mariä, und mit dem
Mitleiden, dass man Christus und seine Mutter hoch beklagt hat, und allein
darauf gesehen, wie man's kläglich machte, und die Leute zum Mitleiden und
Weinen bewegte; und wer solches wohl gekonnt, den hat man für den besten
Passionsprediger gehalten.
Aber wir predigen des Herrn Leiden also, wie uns die heilige Schrift lehret. In
allen Stücken dieses Leidens Christi setzen wir etwas Sonderliches hinzu,
das die heilige Schrift hinzusetzt, und sprechen also: Wahr ist's, Christi
Leiden geschieht in dem Gehorsam gegen den Willen seines himmlischen Vaters,
wie St. Paulus sagt Philipp. 2, 7 f.: Er erniedrigte sich selbst, und ward
gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Er hat Gott gepriesen und ihm
gedankt mit seinem Leiden, wie andere Heilige mit ihrem Leiden Gott preisen und
danken. Aber über das ist noch eine sonderliche Ursache, warum Christus
gelitten hat, welche Ursache dies Leiden allein hat vor allen Heiligen,
nämlich, dass er durch sein Leiden die ganze Welt erlösen soll, den
Himmel aufschließen, die Hölle zusperren und das ewige Leben
erwerben. Diese Ursache und endliche Meinung soll man keinem andern Leiden
sonst geben oder zuschreiben, denn dem Leiden Christi allein.
Christus hat gelitten Gott zu Lob und Ehr, hat ihm mit seinem Leiden einen
wohlgefälligen Dienst getan; mir aber und dir und uns allen hat er
gelitten zur Erlösung und Seligkeit, auf das wir von der Gewalt der
Sünden und des Todes erlöst, und der Himmel aufgetan würde.
Diese Ehre soll ich keinem andern Leide zuschreiben, es sei auch, welches
Heiligen es wolle; soll's auch nicht zuschreiben dem Mitleiden der Jungfrau
Maria. Durch der Heiligen Leiden erlange ich nicht Gottes Gnade und Vergebung
meiner Sünde, auch nicht der allergeringsten Sünde. Wahr ist's, der
lieben Heiligen Blut ist heilig; aber ich werde dadurch nicht heilig. Und ob
ich schon mein blut auch vergieße, wie die lieben Heiligen getan haben,
dennoch tilge ich nicht damit meine Sünde, werde auch nicht dadurch selig.
Ich tue wohl mit meinem Tode, wenn ich um Gottes willen sterbe, Gott ein
gefällig Opfer und angenehmen Dienst; aber dadurch werde ich, noch andere
selig. Darum sind die Barfüßermönche zumal schändliche
Leute gewesen, welche in aller Teufel Namen die armen Sünder und
Übeltäter, so man hinausgeführt hat, auf dass sie abgetan
würden, also getröstet haben, und gesagt: Lieber Mensch, jetzt wirst
du eines schmählichen Todes sterben; aber zweifle nicht daran, Gott wird
diesen schmählichen Tode, so du jetzt leiden wirst, für alle deine
Sünden setzen. In dem wenn sie zu anderen sterbenden Menschen gekommen
sind vor das Siechbette, so haben sie gesagt: Lieber Sohn, mache dein Testament
stifte so viel Vigilien und Seelenmessen, gib soviel ins Kloster, gedenke deine
arme Seele zu verwahren, ruf die Heiligen an, dass sie dich ihres Verdiensts
teilhaftig machen, auf das du selig werdest. Das heißt aber nicht von
Christi Tod, sondern von unserm Tod gepredigt: eben als sollten oder
könnten wir dadurch selig werden, und bedürften des Leidens und
Sterbens unsers Herrn Jesu nicht überall.
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