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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am Palmsonntag
( Martin Luther )
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Ihr habt wohl viel gelitten; aber euer Leiden hilft mir nicht, dass ich dadurch
selig werde. Ihr habt für eure Person gelitten, und das eure getan, und
Gott mit eurem Leiden gepriesen; aber meines Herrn Christi Leiden ist ein
eigenes und sonderliches Leiden, darauf ich mich in Anfechtung der Sünden
und des Todes verlassen kann und soll. Dass also all unser Vertrauen und ganzes
Herz bloß und allein hange an dem einigen Leiden Christi Jesu, darin
unsere Seligkeit allein steht, vor und über das Leiden aller anderen.
Das soll man fleißig merken, und von Jahr zu Jahr predigen, und immerdar
wiederholen, auf dass sie nicht allein haben die Historie und Geschichte, und
wissen, wie Christus gelitten habe; sondern auch, warum er gelitten habe, und
was die Ursache und endliche Meinung sei seines Leidens und Sterbens. Wenn ich
schon nicht weiß, warum Jesaias, Johannes der Täufer und andere
Propheten und Heilige gelitten haben, da liegt nichts daran. Weiß ich's
so ist's gut; weiß ich's nicht, so bin ich darum nicht verdammt. Aber an
dem liegt's, dass ich wisse, was, wie und warum, sonderlich aber warum Christus
gelitten habe. Weiß ich das nicht, so bin ich verdammt und verloren.
Warum hat nun Christus gelitten? Das sagt dir St. Paulus in unserm Text, dass
Christus gelitten hat nach der Schrift; und nun frage die Schrift weiter, frage
die Propheten und Apostel reih um. Jesaiä 53, 5: Er ist um unserer
Missetat willen verwundet, und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die
Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden
sind wir geheilet. 1. Petr. 1, 18: Wisset, dass ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöset seid von euerm eiteln Wandel
nach väterlicher Weise; sondern mit dem teuren Blut Christi, als eines
unschuldigen und unbefleckten Lammes. !. Petr. 2, 21: Christus hat gelitten
für uns. Item, V. 24: Er hat unsere Sünde selbst geopfert an seinem
Leibe auf dem Holz, auf dass wir der Sünden los seien, und der
Gerechtigkeit leben, durch welches Wunden ihr seid heil geworden . Und 1. Joh.
2, 1. 2: Wir haben einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der
gerecht ist; und derselbige ist die Versöhnung für unsere
Sünden: nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die
der ganzen Welt.
Da hast du die Hauptsache, die Ursache und die Frucht des Leidens unsers lieben
Herrn Jesu Christi. Dabei bleib und lass dich nichts davon abwenden.
Höre aber noch ein Weiteres über die rechte Betrachtung dieses
Leidens.
Zum vierten: die bedenke das Leiden Christi recht, die es also ansehen, dass
sie herzlich davon erschrecken, und ihr Gewissen gleich sinkt in ein Verzagen.
Das Erschrecken soll daher kommen, dass du siehst den gestrengen Zorn und
unwandelbaren Ernst Gottes über die Sünde und die Sünder, dass
er auch seinem eigenen allerliebsten Sohn nicht hat wollen die Sünder los
und ledig geben, er täte denn für sie eine solche schwere Buße;
als er spricht durch Jesaiam 53, 8: Um der Sünde willen meines Volkes habe
ich ihn geschlagen.
Was will dem Sünder begegnen, wenn das liebste Kind also geschlagen wird?
Es muss ein unaussprechlicher, unerträglicher Ernst da sein, dem so eine
große, unermessliche Person, entgegengeht, und dafür leidet und
stirbt; und wenn du recht dies bedenkst, dass Gottes Sohn, die ewige Weisheit
des Vaters, selbst leidet, so wirst du wohl erschrecken, und je mehr je tiefer.
Zum fünften, dass du dir tief einbildest, und gar nicht zweifelst, du
seiest's, der also Christum martert; denn deine Sünden haben's gewisslich
getan. Also schlug und erschreckte St. Petrus Apstgsch. 2, 36. 37 die Juden,
gleichwie ein Donnerschlag, da er zu ihnen alle insgeheim sprach: Ihr habt ihn
gekreuzigt; dass drei tausend denselbigen Tag erschreckt und zitternd zu den
Aposteln sprachen: O liebe Brüder, was sollen wir nun tun? Darum, wenn du
die Nägel Christi siehst durch seine Hände dringen, glaube sicher,
dass es deine Werke sind; siehst du seine Dornenkrone, glaube, es sind deine
bösen Gedanken u.s.w.
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