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Ostergeschichten
und -märchen
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Die Ostereier
( Christoph von Schmidt )
2. Gottlob nun sind doch einmal die Hühner da!
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Schöneres kann man doch nicht sehen! sagte ein Köhler. Und horcht
nur, sprach eine Köhlerin, wie die Alte den Jungen lockt, und wie die
kleinen Dingerchen den Ruf verstehen und sogleich folgen. Es wäre zu
wünschen, dass ihr Kinder auch immer so auf den Ruf ginget!
Ein Knabe wollte ein junges Hähnlein fangen, um es näher zu
betrachten. Das kleine Dingelchen schrie aber kläglich, und auf das
Geschrei schoss die Alte plötzlich und mit weitgeöffneten
Flügeln herbei, und flog dem Knaben, der heftig erschrak und jammernd um
Hilfe rief, auf den Kopf. Sie hätte ihm wohl die Augen ausgehackt, wenn er
das Junge nicht augenblicklich wieder hätte laufen lassen. Der Vater
schmähte den Knaben, und die Mutter sagte: Wie sich das treue Tier seinen
Jungen so eifrig annimmt! Menschen können sogar von ihm lernen.
Wenn die Henne nur eine guten Bissen fand, so erhob sie sogleich ein Geschrei,
und die Jungen eilten alle gleich zusammen. Die Alte zerhackte ihn erst mit
ihrem Schnabel, und legte ihnen gleichsam vor. Jedermann wunderte sich, dass so
junge Tierchen, die nicht viel über einen Tag alt waren, nicht nur
sogleich laufen, sondern auch schon fressen konnten.
Da jetzt die Sonne sich etwas unter die Wolken verbarg, so sammelten sich alle
Jungen unter die Alte, und versteckten sich da, um sich zu wärmen. Das ist
noch das Allerschönste sagte die Leute. Es ist gar artig und munter, wie
hie und da ein Köpfchen unter den Flügeln der Henne hervorsieht, oder
sich ein Junges hervorwagt, und sogleich wieder an einer andern Stelle unter
sie hineinkriecht.
Der Müller, der in seiner weißbestäubten Kleidung inmitten der
schwarzen Köhler sich gar sonderbar ausnahm, aber auch an Gesicht sich
ebenso vor ihnen auszeichnete, sprach: Was das doch für ein Wunderding mit
diesen fremden Vögeln ist! Gott offenbart sich uns zwar überall in
seien Werken; aber wenn wir etwas Ungewöhnliches sehen, fällt uns
seine Allmacht, Weisheit und Güte doch noch mehr in die Augen. Bedenkt
nur, wie gut es ist, dass diese kleinen Vöglein sogleich laufen und
fressen können; wenn die Alte so viele Jungen das Futter im Schnabel
zutragen müsste, wie eine Schwalbe, da würde sie nicht fertig! Wie
gut ist's, dass schon die Natur der Jungen so ist, der Alten nachzulaufen und
ihrer Stimme zu folgen. Liefen sie, weil sie doch auf der Stelle laufen
können, sogleich auseinander, die Alte könnte sie nicht mehr
zusammenbringen, und die Jungen gingen verloren. Besonders wundert mich aber,
wo die Henne den Mut hernimmt, ihre Jungen so tapfer zu verteidigen! Habe ich
mich doch oft schon über die Hühner geärgert, und sie dumme
Tiere gescholten, weil sie allemal, so oft ich an ihnen vorbei ging, vor Furcht
scheu auseinander flogen, obwohl sie schon längst merken konnten, dass ich
ihnen nichts zu leid tue. Und nun ist die Natur der Gluckhenne ganz
verändert, und sie setzt sich gegen einen Mann zur Wehre. Oft hat es mich
ergötzt, wie die Hennen um einen Bissen zanken, oder wie diejenige, die
ein größeres Bröcklein fand, so neidisch ist, und sogleich
davon läuft, und wie die andern ihr nachlaufen und es ihr nehmen wollen.
Jetzt aber hat diese Henne ihre Gefräßigkeit ganz abgelegt und ruft
den Jungen selbst und rührt nichts an, bis alle satt sind. Ich glaube, das
gute Tier stürbe lieber selbst Hungers, als das sie eines ihrer Jungen
verhungern ließe. Diese zärtliche Sorgfalt, mit der die Henne ihre
zarten Jungen umherführt, Futter für sie aufsucht, sie ernährt,
sie beschützt, sie unter ihren Flügeln wärmt, hat Gott dem Tier
eingepflanzt. So zärtlich ist Gott für diese jungen Hühnlein
besorgt! Und wie sollten nun wir verzagen? Sollte er nicht noch mehr für
uns besorgt sein? Freilich sorgt er noch mehr für uns. Darum nur guten
Mut, liebe Leute! Gott macht alles wohl. Er sorgt für alle seine
Geschöpfe - am meisten aber für den Menschen, der in seinen Augen
mehr ist, als alle Hühner und alle anderen Vögel in der ganzen Welt.
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