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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am Karfreitag. Von dem Leiden und
Sterben unsers Herrn Jesu Christi insgemein
( Martin Luther )
- Seite 1 ( von 6 ) -
Über Joh. 19, 13-30.
Gehalten am 11. April 1533 in Luthers Hause.
"Da Pilatus das Wort hörte, führte er Jesum heraus, und setzte
sich auf den Richtstuhl, an der Stätte, die da heißt Hochpflaster,
auf ebräisch aber Gabbatha. Es war aber der Rüsttag in Ostern, um die
sechste Stunde. Und er spricht zu den Juden: Sehet, das ist euer König.
Sie schrieen aber: Weg, weg mit dem, kreuzige ihn! Spricht Pilatus zu ihnen:
Soll ich euern König kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir haben
keinen König, denn den Kaiser. Da überantwortete er ihn, dass er
gekreuzigt würde.
"Sie nahmen aber Jesum, und führten ihn hin. Und er trug sein Kreuz,
und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte,
welche heißt auf ebräisch Golgatha. Allda kreuzigten sie ihn, und
mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesum aber mitten inne.
"Pilatus aber schrieb eine Überschrift, und setzt sie auf das Kreuz,
und war geschrieben: Jesu von Nazareth, der Juden König. Diese
Überschrift lasen viele Juden; denn die Stätte war nahe bei der
Stadt, da Jesus gekreuzigt ist. Und es war geschrieben auf ebräische,
griechische und lateinische Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu
Pilato: Schreibe nicht der Juden König, sondern das er gesagt habe: Ich
bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe
ich geschrieben.
"Die Kriegsknechte aber, da sie Jesum gekreuzigt hatten, nahmen sie seine
Kleider, und machten vier Teile, einem jeglichen Kriegsknecht ein Teil. Dazu
auch den Rock. Der Rock aber war ungenäht, von oben an gewirkt durch und
durch. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern
darum losen, wessen er sein soll. Auf das erfüllt würde die Schrift,
die da sagt: Sie haben meine Kleider unter sich geteilt, und haben über
meinen Rock das Los geworfen. Solches taten die Kriegsknechte.
"Es standen aber bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und seiner Mutter
Schwester, Maria, Cleophas Weib, und Maria Magdalena.
Da nun Jesus seine Mutter sah, und den Jünger dabei stehen, den er lieb
hatte, spricht er zu seiner Mutter: Weib, siehe, das ist dein Sohn. Darnach
spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter. Und von der Stunde
an nahm sie der Jünger zu sich.
"Darnach als Jesu wusste, dass schon alles vollbracht war, dass die
Schrift erfüllt würde, spricht er: Mich dürstet. Da stand ein
Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig, und
legten ihn um einen Ysop, und hielten es ihm dar zum Munde. Da nun Jesus den
Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt, und
verschied."
Heute begeht man die Historie des Leidens und Sterbens unsers Herrn Jesu
Christi, wie wir in unserm Glauben bekennen und sprechen: Ich glaube an Jesum
Christum, Gottes einigen Sohn, unsern Herrn, gelitten unter Pontio Pilato,
gekreuzigt, gestorben und begraben. Denn obschon die Christen täglich und
immerdar das Leiden und Sterben Christi predigen, bedenken und betrachten
sollen, und obwohl auch die Historie an ihr selbst lang ist, und auf einmal
nicht kann nach Notdurft behandelt werden, darum wir sie auch pflegen in mehr
Tage und Stunden auszuteilen; dennoch ist dieser Tag insonderheit zur Predigt
und Betrachtung des Leidens Christi geordnet, darum dass alles, was Christus im
Garten, in des Hohenpriesters Caiphas Hause, vor dem Landrichter Pilato und
seinem Gerichte, und am Kreuz gelitten hat, auf diesen Tag geschehen ist.
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