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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am Karfreitag. Von dem Leiden und
Sterben unsers Herrn Jesu Christi insgemein
( Martin Luther )
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Darum wollen wir jetzt auch davon reden, so viel wir Zeit haben und Gott Gnade
verleiht.
Die Juden haben mit dem Herrn Jesu eine ganze Nacht und einen ganzen Tag
zugebracht, auf das der Ostertag ja wohl gehalten würde. Gott hat ihnen
durch Moses geboten, sie sollten auf den vierzehnten Tag des ersten Mondes am
Abend anheben das Osterfest; dasselbe haben sie steif gehalten. Und ist
Christus auf den ersten Tag im Osterfest gekreuzigt; nach unserer Rechnung
ist's der Karfreitag, doch also, dass man anhebe zu zählen auf den
grünen Donnerstag um den Abend, und dieselbige vorige Nacht dazu rechne.
Gestern zu Nacht um elf Uhr haben die Juden die Passion mit Jesu angehoben, und
solches hat gewährt bis heute auf den Abend um drei Uhr. Gestern am Abend
um sieben Uhr ungefähr ist Jesu aus der Stadt Jerusalem hinaus in den
Garten gegangen, daselbst hat er mit dem Tode gerungen, also dass sein
Schweiß geworden ist wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen. Bald
danach um neun Uhr ist er im Garten gefangen und gebunden vor die Hohepriester
und Ältesten des Volkes, und vor den ganzen Rat, so in Caiphas Hause bei
einander versammelt waren, geführt worden. Um elf Uhr ist er verhört
und von den falschen Zeugen verklagt worden. Um zwölf Uhr ist er
verspottet, verspeit, gelästert und geschmäht worden, und vollends
dieselbe Nacht hindurch bis an den Morgen. Am Morgen ist er vor Gericht
geführt worden; da hat ihm der Richter Pilatus dreimal Zeugnis gegeben,
dass er unschuldig sei, und dass er keine Sache des Todes wert an ihm finde.
Erstlich, da die Juden ihn verklagten, er habe das Volk abgewendet und
verboten, den Schoß dem Kaiser zu geben, und habe den Kaiser nicht wollen
lassen Kaiser sein, sondern habe selbst König und Kaiser sein wollen, und
da Pilatus auf die Anklage Jesum verhört, und aus seiner Antwort und
Bekenntnis vernimmt, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist, und er dem
Kaiser in seinem Reich keinen Schaden tut, spricht er zu den Hohenpriestern und
zum Volk: Ich finde keine Ursache an diesem Menschen, und schickt ihn zu dem
König Herodes hin. Das ist das erste Zeugnis seiner Unschuld.
Darnach da Jesus von Herodes wieder zu Pilato gesandt wird, ruft Pilatus die
Hohenpriester und die Obersten und das Volk zusammen, und spricht zu ihnen: Ihr
habt diesen Menschen zu mir gebracht, als der das Volk abwende, und siehe, ich
habe ihn vor euch verhört, und finde an dem Menschen der Sachen keine,
deren ihr ihn beschuldigt, Herodes auch nicht. Denn ich habe euch zu ihm
gesandt, und siehe, man hat nichts auf ihn gebracht, das des Todes wert sei.
Und stellte dem Volk vor den Anführer und Mörder Barrabam und Jesum,
und spricht: Welchen wollt ihr, dass ich euch los gebe, Barrabam oder Jesum,
den man Christum nennt? Aber die Hohenpriester und die Ältesten
überredeten das Volk, dass sie um Barrabas bitten sollten, und Jesum
umbrächten. Das ist das andere Zeugnis.
Zum dritten, da dieser Anschlag fehl geht, lässt Pilatus Jesum
geißeln, und will ihn los geben. St. Johannes schreibt, er habe ihn
jämmerlich lassen zerstäuben, zerhauen und zerreißen. Denn er
meinte, er wollte die Juden damit bewegen, dass sie an der Strafe sollten
gesättigt sein; darum führt er ihn auch hinaus, mit einem Purpur
angetan, gekrönt, zerstäubt und zerrissen, und spricht zu den Juden:
Seht, welch ein Mensch! Als wollte er sagen: Welch ein Mensch ist das? Habe ich
nun nicht genug zerreißen lassen? Das ist das dritte Zeugnis.
Aber dies half auch nicht. Jesus musste fort. Die Juden dringen auf Pilatum
noch härter, und sprechen: Lässt du diesen los, so bist du des
Kaisers Freund nicht. Dass also die Handlung vor Gericht sich lang verzogen
hat, und gewährt von sieben Uhr des Morgens an bis schier um zehn Uhr.
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