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Ostergeschichten
und -märchen
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Hans Donnerstag. Ein Ostermärchen
( Ludwig Ganghofer )
- Seite 5 ( von 5 ) -
Dem Lebrecht schoss vor jähem Schreck alles Blut zum Herzen. "Um
Christi Liebe willen, tu es nicht, Hans Donnerstag," so stammelte er. Aber
da sah er die Maragret schon wanken, sie drohte zu stürzen, mitten hinein
in die Flamme - doch Lebrecht Graumann streckte die Hände, just noch
erfasste er sie , riss sie zurück vom Feuer und hielt sie geborgen in
seinen Armen. Sie wand sich los von ihm, schlug weinend die Hände vor das
Gesicht und drängte sich hinweg durch die Leute. Und wieder kamen sie,
eines nach dem anderen, um Feuer zu holen und heim zutragen. Als letzter
entzündete Lebrecht seine Fackel, und kaum dass sie brannte, erlosch auf
der Erde das letzte züngelnde Flämmchen. Und als er nun
heimwärts schreiten wollte, sah er unter der Tanne die Maragret sitzen.
"Maragret," sagte er, und seine Stimme klang sanft und ruhig,
"wo hast du deine Fackel? Wenn du nicht Feuer bringst, das wäre
Unglück für Euer Haus, und was würde dein Vater sagen?"
Sie nickte nur, trocknete ihre Tränen, erhob sich, suchte die Fackel und
ging zur Feuerstatt. Es lag aber nur noch eine schwache Glut in der Asche.
"So nimm Feuer von dem meinigen, "sagte Lebrecht und hielt ihr die
Fackel hin.
Da schaute sie zu ihm auf, und Zähren traten ihr in die Augen.
"Lebrecht," stammelte sie, "könntest du mir wohl
verzeihen?"
"Ich habe dir lange verziehen. Denn was du mir zur Schande tatest, dass
ist mir zur Ehre geworden!" "Was aber müsst´ ich tun, dass
du es auch vergessen könntest? Sprich, Lebrecht! Ich tät es so
gerne." Er blickte sie an, und als er ihre flehenden Augen sah und ihren
sanften Mund, da wallte ihm das Blut im Herzen, und er sagte mit bebender
Stimme: "Da müsstest du mit mir zur Kirche gehen, Hand in Hand!"
"Ach Lebrecht, ich tät es ja so gerne," lächelte sie,
"vom Herzen gerne!"
Er hätte am liebsten die Fackel von sich geworfen und das Mädchen
umschlungen mit beiden Armen. Doch er bezwang sich und sagte: "Doch wenn
du mein Weib wärest, dann ließ´ ich einen Steinmetz kommen und
er müsste mir eines Graumännleins Kopf ausmeißeln über
meiner Tür. Und Lebrecht Graumann wollte ich mich nennen alle meiner
Lebtage!"
"Tu´ es doch, Lebrecht, tu´ es doch!" lächelte sie
unter Tränen.
"Und noch eines, Maragret - diese Kappe will ich tragen an meinem
Hochzeitstage!" "Ja, Lebrecht, tu es nur!" sagte sie, und dazu
blickte sie ihn an mit seligen Augen.
Nun sah er, dass ihr Gemüt verwandelt war, wie Stein zu Gold, und mit
einem hellen Jauchzer riss er die Graumannskappe von seinem Haupte und warf sie
in die erlöschende Glut. Und sieh, da schlug ein Flämmlein aus den
Kohlen und verzerrte die Kappe, während man nahebei das lustige Kichern
eines winzigen Stimmleins vernahm. An der kleinen Flamme steckte Maragret ihre
Fackel in Brand, dann legte Lebrecht den Arm um seiner Liebsten Nacken, und so
wanderten sie niederwärts den Hügel und heimwärts in das Dorf.
Als ihre Wege sich schieden, küsste Lebrecht die Maragret herzinnig auf
Augen, Mund und Wangen.
Seltsam, wahrhaftig! Zwei Feuerlein, die brennenden Fackeln sah man nun
auseinanderwandern in der grauen Dämmerung des Morgens
und hier
waren doch zwei Flammen ineinander geschmolzen zu einer einzigen Glut.
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