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Ostergeschichten und -märchen



Hans Donnerstag. Ein Ostermärchen

( Ludwig Ganghofer )

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Die neugierigen Nusshäher belauschten seine Gedanken, und wenn er sich regte und die Hände vor die Augen drückte, flogen sie mit lautem Gackern davon, und dann klang ihre Stimme wie: "Maragret! Maragret!" Da nahm er wohl die Mütze vom Kopf und betrachtete mit schmerzlichem Lächeln den grauen Schmuck seiner Kappe. Er hatte sie Tag um Tag getragen seit der Christnacht, und die Leute im Dorf nannten ihn nicht anders, als den "Graumann." Ihm ins Gesicht wagten sie diesen Namen freilich nicht zu brauchen; aber der Maragret trugen sie ihn zu, und wenn sie ihn hörte, wurde sie rot und blass. Gesehen hatte sie den Lebrecht nicht wieder seit der heiligen Nacht; denn sie mied die Nähe des Nänni - Hauses, wie er die Nähe der Mühle.
Nun war es in der Karwoche, am grünen Donnerstag. Da sagte die alte Nänni zu ihrem Sohn: "Du, Lebrecht, unser letztes Scheitlein Holz ist verbrannt."
"Morgen und übermorgen ist heiliger Tag," gab er zur Antwort, "und da soll kein Feuer auf dem Herde brennen."
"Und keine Arbeit darf geschehen," lächelte Mutter Nänni. "Aber deinen Osterbraten sollst du haben . . . und wenn du nicht heute noch in den Wald gehst, um Holz zu schlagen, dann wird uns der Ofen auch kalt bleiben am Ostertag!"
Lebrecht nickte nur, nahm seine Graumannskappe, warf die Axt über die Schulter und ging dem Walde zu. Er wählte einen dürren Stamm; doch als er die Axt zum Schlag erhob, fühlte er seinen Arm gehalten wie von unsichtbaren Händen. Staunend schüttelte er den Kopf und ließ die Arme sinken. So oft er sie aber von neuem erhob, immer wieder fühlte er jene geheimnisvolle Macht, welche den bedrohten Baum zu hüten schien. Da nun der Lebrecht das Gruseln nicht kannte, dachte er sich: "Warte, du, dir komm' ich!" . . . ließ plötzlich die Axt zu Boden fallen und griff mit beiden Händen aufs Geradewohl in die Luft. Sonderbar kam es ihm vor, als er unter seine Händen etwas fühlte wie ein seidenes Tüchlein, und eh' er sich noch recht bedachte, sah er vor sich ein winziges Männlein stehen, kaum drei Spannen hoch, mit feuerrotem Haar und Bart, mit rotem Röcklein und roten Hosen. Und weil es in seinem Zorn mit beiden Füßen strampelte, war es anzusehen wie ein springendes Flämmlein.
Lebrecht musste lachen, zum ersten Mal wieder seit der Christnacht, und lachend fragte er: "Ei, Gott zum Gruß, Euer Gnaden, wie heißt Ihr denn?"
"Hans Donnerstag heiß' ich," piepste der Zwerg, "und ich kann nicht leiden, dass du Bäume fällst und Holz spaltest an meinem heiligsten Tag."
"Gut, so will ich es lassen, dir zum Gefallen," sagte Lebrecht.
Da ward das Gesicht des Kleinen mit einem Male ganz freundlich, er zwinkerte mit seinen winzigen Äuglein zu Lebrecht auf und kicherte: "Das soll dir gelohnt sein. Aber nun gib mir mein Käpplein wieder!" Bei diesen Worten merkte Lebrecht erst, dass er zwischen den Fingern ein winziges Mützlein von roter Farbe hielt. "Gib mir mein Käpplein wieder, ich will dir dafür einen Wunsch erfüllen! Soll ich dir einen Schatz in der Erde zeigen? Oder willst du lernen, wie man Steine in Gold verwandelt?"
"Ach," seufzte Lebrecht, "wüsst' ich doch lieber, wie man der Maragret Gemüt verwandelt!"
"Wirf sie ins Osterfeuer," kicherte Hans Donnerstag. "wirf sie ins Osterfeuer!" Und flink wie ein Wiesel haschte das Männchen nach seinem Käpplein, zog es über die Ohren und war im Nu verschwunden.
Staunend blickte Lebrecht ins Leere. "Wirf sie ins Osterfeuer!" murmelte er vor sich hin. Wen? Die Maragret? Und ein Schauer ging ihm über den Rücken und durch die Seele. Aber er brachte das Wort nicht mehr aus seinen Ohren - wie die Flocken im Schneesturm, so wirbelten die Gedanken in seinem Kopf. Er wusste kaum, dass er die Holzaxt über die Schulter nahm und den Heimweg suchte.






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