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Ostergeschichten
und -märchen
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Hans Donnerstag. Ein Ostermärchen
( Ludwig Ganghofer )
- Seite 3 ( von 5 ) -
Die neugierigen Nusshäher belauschten seine Gedanken, und wenn er sich
regte und die Hände vor die Augen drückte, flogen sie mit lautem
Gackern davon, und dann klang ihre Stimme wie: "Maragret! Maragret!"
Da nahm er wohl die Mütze vom Kopf und betrachtete mit schmerzlichem
Lächeln den grauen Schmuck seiner Kappe. Er hatte sie Tag um Tag getragen
seit der Christnacht, und die Leute im Dorf nannten ihn nicht anders, als den
"Graumann." Ihm ins Gesicht wagten sie diesen Namen freilich nicht zu
brauchen; aber der Maragret trugen sie ihn zu, und wenn sie ihn hörte,
wurde sie rot und blass. Gesehen hatte sie den Lebrecht nicht wieder seit der
heiligen Nacht; denn sie mied die Nähe des Nänni - Hauses, wie er die
Nähe der Mühle.
Nun war es in der Karwoche, am grünen Donnerstag. Da sagte die alte
Nänni zu ihrem Sohn: "Du, Lebrecht, unser letztes Scheitlein Holz ist
verbrannt."
"Morgen und übermorgen ist heiliger Tag," gab er zur Antwort,
"und da soll kein Feuer auf dem Herde brennen."
"Und keine Arbeit darf geschehen," lächelte Mutter Nänni.
"Aber deinen Osterbraten sollst du haben . . . und wenn du nicht heute
noch in den Wald gehst, um Holz zu schlagen, dann wird uns der Ofen auch kalt
bleiben am Ostertag!"
Lebrecht nickte nur, nahm seine Graumannskappe, warf die Axt über die
Schulter und ging dem Walde zu. Er wählte einen dürren Stamm; doch
als er die Axt zum Schlag erhob, fühlte er seinen Arm gehalten wie von
unsichtbaren Händen. Staunend schüttelte er den Kopf und ließ
die Arme sinken. So oft er sie aber von neuem erhob, immer wieder fühlte
er jene geheimnisvolle Macht, welche den bedrohten Baum zu hüten schien.
Da nun der Lebrecht das Gruseln nicht kannte, dachte er sich: "Warte, du,
dir komm' ich!" . . . ließ plötzlich die Axt zu Boden fallen
und griff mit beiden Händen aufs Geradewohl in die Luft. Sonderbar kam es
ihm vor, als er unter seine Händen etwas fühlte wie ein seidenes
Tüchlein, und eh' er sich noch recht bedachte, sah er vor sich ein
winziges Männlein stehen, kaum drei Spannen hoch, mit feuerrotem Haar und
Bart, mit rotem Röcklein und roten Hosen. Und weil es in seinem Zorn mit
beiden Füßen strampelte, war es anzusehen wie ein springendes
Flämmlein.
Lebrecht musste lachen, zum ersten Mal wieder seit der Christnacht, und lachend
fragte er: "Ei, Gott zum Gruß, Euer Gnaden, wie heißt Ihr
denn?"
"Hans Donnerstag heiß' ich," piepste der Zwerg, "und ich
kann nicht leiden, dass du Bäume fällst und Holz spaltest an meinem
heiligsten Tag."
"Gut, so will ich es lassen, dir zum Gefallen," sagte Lebrecht.
Da ward das Gesicht des Kleinen mit einem Male ganz freundlich, er zwinkerte
mit seinen winzigen Äuglein zu Lebrecht auf und kicherte: "Das soll
dir gelohnt sein. Aber nun gib mir mein Käpplein wieder!" Bei diesen
Worten merkte Lebrecht erst, dass er zwischen den Fingern ein winziges
Mützlein von roter Farbe hielt. "Gib mir mein Käpplein wieder,
ich will dir dafür einen Wunsch erfüllen! Soll ich dir einen Schatz
in der Erde zeigen? Oder willst du lernen, wie man Steine in Gold
verwandelt?"
"Ach," seufzte Lebrecht, "wüsst' ich doch lieber, wie man
der Maragret Gemüt verwandelt!"
"Wirf sie ins Osterfeuer," kicherte Hans Donnerstag. "wirf sie
ins Osterfeuer!" Und flink wie ein Wiesel haschte das Männchen nach
seinem Käpplein, zog es über die Ohren und war im Nu verschwunden.
Staunend blickte Lebrecht ins Leere. "Wirf sie ins Osterfeuer!"
murmelte er vor sich hin. Wen? Die Maragret? Und ein Schauer ging ihm über
den Rücken und durch die Seele. Aber er brachte das Wort nicht mehr aus
seinen Ohren - wie die Flocken im Schneesturm, so wirbelten die Gedanken in
seinem Kopf. Er wusste kaum, dass er die Holzaxt über die Schulter nahm
und den Heimweg suchte.
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