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Ostergeschichten
und -märchen
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Hans Donnerstag. Ein Ostermärchen
( Ludwig Ganghofer )
- Seite 2 ( von 5 ) -
Und niemals hatten in der Maragret Gärtlein und vor ihrem Fenster so
schöne Blumen geblüht, und niemals noch so seltene Singvögel in
zierlichen Häuschen in der Maragret Kammer gehangen, als seit ihr der
Lebrecht zu Gefallen ging. Aber vom "Gefallen gehen bis zum "Gefallen
finden" ist noch ein gut Stück Weg. Wenn die Maragret den Lebrecht
nur zu Gesicht bekam, verzog sie schon das Näslein und tat, als wäre
sie auf eine Blindschleiche getreten. Sie sprengte den armen Burschen in Haus
und Hof umher, wie der Schäfer im Feld seinen Pudel, und keiner vom
Gesinde hatte so viel vom Hochmut, von den Launen und Possen der Maragret zu
leiden, als wie der Lebrecht. Das Alles ertrug er und beschwerte sich nie; nur
manchmal sah er sie mit ganz eigenen Augen an, groß und traurig. Dann
kehrte sie ihm wohl den Rücken und ging mit lautem Lachen davon. Er aber
schlich durch das Mühlwerk in den Garten, wo der Bach mit Rauschen und
Plätschern das moosige Schaufelrad im Kreise trieb. Die sprühenden
Tropfen glitzerten in der Sonne, aus den tänzelnden Wellen sprangen die
schimmernden Fischlein, in den Hecken sangen die Vögel und
süßer Duft stieg aus allen Blumen. Und Lebrecht saß und
starrte vor sich nieder, und mit den Tropfen, die von dem plätschernden
Rade stäubten, mischte sich zuweilen ein Tropfen, der aus heißen
Augen fiel.
Der Sommer verging, es kam der Herbst, es wurde Winter, und dann nahm es
jählings ein Ende mit Lebrechts Geduld. In der finsteren Christnacht war
es, da ging er mit einer brennenden Fackel zur Kirche, um der Engelmesse
beizuwohnen. Es fiel ihm wohl auf, dass die Leute, die er auf dem Kirchweg
traf, bald laut, bald heimlich kicherten und lachten. Er meinte, dass er
vielleicht mit seinem Feiertagsgewand im dunklen Flur den Mehlsäcken zu
nah gekommen wäre . . . aber sein Wams war rein und sauber. Da hörte
er eine Stimme: "Seht doch das Wunder an! Die Esel sind gute Christen
worden . . . da kommt schon einer zur Kirche!" Und der Bursche, der diese
lachenden Worte rief, deutete mit ausgestrecktem Arm nach Lebrechts Kappe.
Dieser griff nach seinem Kopf, riss die Mütze herunter, und er wurde blass
bis in die Lippen, als er die zwei wirklichen Eselsohren erblickte, die seiner
Kappe zu beiden Seiten angenäht waren. Ein schallendes Gelächter
erhob sich rings um ihn, er wollte sich auf die Spötter stürzen,
wollte die Mütze zu Boden schleudern . . . da trafen sich seine Blicke mit
Maragrets spottenden Augen . . . und nun wusste er, wem er diese Schande zu
danken hatte. Sein ganzer Zorn schien jählings verraucht; wohl wurden
seine Wangen noch blässer, aber stolz richtete er sich empor, und
während ein bitteres Lächeln um seine Lippen zuckte, drückte er
die Kappe wieder mit samt dem grauen Schmucke über sein grauses Haar. Dazu
blitzten seine Augen, dass unter all den Burschen keiner mehr zu lachen wagte.
Auch der Maragret war das Lachen vergangen.
Mit der Eselskappe auf dem Kopf hörte Lebrecht vor dem Kirchentor die
Engelsmesse, und als die Glocken zur Heimkehr läuteten, ging er nicht
wieder den Weg zur Mühle, sondern zum Häuschen seiner Mutter. Anderen
Tages kam der Müller, der den tüchtigen Gesellen nicht missen wollte;
doch wie er auch reden und bitten mochte - Lebrecht sah ihn mit finsteren Augen
an, sprach kein Wort und schüttelte nur den Kopf. Dann suchte er die
rostigen Fangeisen und Fallen seines Vaters hervor, säuberte sie und zog
in den winterlichen Wald hinaus, um Wölfe Füchse und Marder zu
fangen. Als der Schnee zerrann und die gefiederten Sänger aus dem
Süden kehrten, stellte er die Vogelherde und baute Donenstiegen, und als
der Falkenzug begann, brachte er auf den Wipfeln der höchsten Bäume
seine Habichtskörbe und Falkennetze an, so dass er manch einen edlen
Beizvogel um teures Geld an die reichen Burgherren verkaufen konnte. Doch was
er tat und schaffte, das tat er ohne Freude, still und traurig. Oft saß
er ganze Tage lang an einer Stelle im Wald dessen Bäume schon leise zu
knospen begannen.
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