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Ostergeschichten und -märchen



Hans Donnerstag. Ein Ostermärchen

( Ludwig Ganghofer )

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Und niemals hatten in der Maragret Gärtlein und vor ihrem Fenster so schöne Blumen geblüht, und niemals noch so seltene Singvögel in zierlichen Häuschen in der Maragret Kammer gehangen, als seit ihr der Lebrecht zu Gefallen ging. Aber vom "Gefallen gehen bis zum "Gefallen finden" ist noch ein gut Stück Weg. Wenn die Maragret den Lebrecht nur zu Gesicht bekam, verzog sie schon das Näslein und tat, als wäre sie auf eine Blindschleiche getreten. Sie sprengte den armen Burschen in Haus und Hof umher, wie der Schäfer im Feld seinen Pudel, und keiner vom Gesinde hatte so viel vom Hochmut, von den Launen und Possen der Maragret zu leiden, als wie der Lebrecht. Das Alles ertrug er und beschwerte sich nie; nur manchmal sah er sie mit ganz eigenen Augen an, groß und traurig. Dann kehrte sie ihm wohl den Rücken und ging mit lautem Lachen davon. Er aber schlich durch das Mühlwerk in den Garten, wo der Bach mit Rauschen und Plätschern das moosige Schaufelrad im Kreise trieb. Die sprühenden Tropfen glitzerten in der Sonne, aus den tänzelnden Wellen sprangen die schimmernden Fischlein, in den Hecken sangen die Vögel und süßer Duft stieg aus allen Blumen. Und Lebrecht saß und starrte vor sich nieder, und mit den Tropfen, die von dem plätschernden Rade stäubten, mischte sich zuweilen ein Tropfen, der aus heißen Augen fiel.
Der Sommer verging, es kam der Herbst, es wurde Winter, und dann nahm es jählings ein Ende mit Lebrechts Geduld. In der finsteren Christnacht war es, da ging er mit einer brennenden Fackel zur Kirche, um der Engelmesse beizuwohnen. Es fiel ihm wohl auf, dass die Leute, die er auf dem Kirchweg traf, bald laut, bald heimlich kicherten und lachten. Er meinte, dass er vielleicht mit seinem Feiertagsgewand im dunklen Flur den Mehlsäcken zu nah gekommen wäre . . . aber sein Wams war rein und sauber. Da hörte er eine Stimme: "Seht doch das Wunder an! Die Esel sind gute Christen worden . . . da kommt schon einer zur Kirche!" Und der Bursche, der diese lachenden Worte rief, deutete mit ausgestrecktem Arm nach Lebrechts Kappe. Dieser griff nach seinem Kopf, riss die Mütze herunter, und er wurde blass bis in die Lippen, als er die zwei wirklichen Eselsohren erblickte, die seiner Kappe zu beiden Seiten angenäht waren. Ein schallendes Gelächter erhob sich rings um ihn, er wollte sich auf die Spötter stürzen, wollte die Mütze zu Boden schleudern . . . da trafen sich seine Blicke mit Maragrets spottenden Augen . . . und nun wusste er, wem er diese Schande zu danken hatte. Sein ganzer Zorn schien jählings verraucht; wohl wurden seine Wangen noch blässer, aber stolz richtete er sich empor, und während ein bitteres Lächeln um seine Lippen zuckte, drückte er die Kappe wieder mit samt dem grauen Schmucke über sein grauses Haar. Dazu blitzten seine Augen, dass unter all den Burschen keiner mehr zu lachen wagte. Auch der Maragret war das Lachen vergangen.
Mit der Eselskappe auf dem Kopf hörte Lebrecht vor dem Kirchentor die Engelsmesse, und als die Glocken zur Heimkehr läuteten, ging er nicht wieder den Weg zur Mühle, sondern zum Häuschen seiner Mutter. Anderen Tages kam der Müller, der den tüchtigen Gesellen nicht missen wollte; doch wie er auch reden und bitten mochte - Lebrecht sah ihn mit finsteren Augen an, sprach kein Wort und schüttelte nur den Kopf. Dann suchte er die rostigen Fangeisen und Fallen seines Vaters hervor, säuberte sie und zog in den winterlichen Wald hinaus, um Wölfe Füchse und Marder zu fangen. Als der Schnee zerrann und die gefiederten Sänger aus dem Süden kehrten, stellte er die Vogelherde und baute Donenstiegen, und als der Falkenzug begann, brachte er auf den Wipfeln der höchsten Bäume seine Habichtskörbe und Falkennetze an, so dass er manch einen edlen Beizvogel um teures Geld an die reichen Burgherren verkaufen konnte. Doch was er tat und schaffte, das tat er ohne Freude, still und traurig. Oft saß er ganze Tage lang an einer Stelle im Wald dessen Bäume schon leise zu knospen begannen.






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