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Ostergeschichten
und -märchen
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Als ich nach Emaus zog
( Peter Rosegger )
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Was ich bei all diesen Unternehmungen gedacht habe, weiß ich nicht - sehr
viel kaum; wenn der Mensch so viel tut, hat er nicht Zeit zum Denken. Nun aber,
als ich über die Felder hinab lief und von weitem ein zuckendes Lichtlein
sah, das immer näher kam, dachte ich: Am Ende kommt mir jetzt der liebe
Heiland entgegen. - Und er war's. Voran schritt ein Knecht, vom
Schützenhof mit Laterne und Glöcklein, hinter ihm drein der Pfarrer
in Chorrock und Stola, an seinem Busen das Sakrament bergend. Allsogleich
kniete ich am Wegrand nieder, wie es Sitte ist, und bat um den Segen.
Der Pfarrer blieb stehen und sagte: "Das ist ja der Waldbauernbub. Warum
bist du noch aus so spät in der Nacht?"
Hab' ich denn erzählt, dass der Tagwerker Tritzel mich in die Kreuzkapelle
gesteckt, um ihm das Opfergeld herauszulangen, und weil ich es nicht tun
wollte, er mich im Stiche gelassen hätte.
"O, dieser Spitzbub'!" rief der Knecht vom Schützenhof aus.
"Aber heut ist sein Krügel `brochen. Hat den Ostermontag, wo die
Leut' im Wirtshaus sitzen, nicht unbenützt lassen wollen. Von der
Kreuzkapelle in den Schützenhof, dort beim Bodenfenster einsteigen,
Kästen ausrauben, vom Bauer erwischt und niedergeschlagen werden - Ja,
mein lieber Waldbauernbub, das sind Geschichten! Und jetzt ist der Tritzel just
beim Sterben. Um den Geistlichen geht's ihm, ich glaub', diesmal ist's sein
Ernst. Und so bin ich halt gelaufen bei der Nacht. Jetzt rucken wir wieder an,
er wird hart warten."
Der Pfarrer gab mir den Segen, dann schritten sie weiter. Noch lange sah ich
das Lichtlein dahingleiten, bis es endlich zuckend zwischen dem Gestämme
des Waldes verschwunden war.
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