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Ostergeschichten
und -märchen
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Als ich nach Emaus zog
( Peter Rosegger )
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"Ja, Zeit wär's," sagte die Alte und trippelte
fürbaß. Als wir sie nicht mehr sahen, sagte der Tritzel: "Das
ist sauber, jetzt hat uns die gewiss die Kapelle zugesperrt!" "Ich
lauf ihr nach, dass sie wieder zurückgeht," war mein Vorschlag.
"Ah geh, hast denn kein Herz für alte Leut'!" verwies er mir,
"den Weg etliche Mal hin und wieder machen, wie ein Hundel! Die geht nicht
mehr auf ihren ersten Füßen wie du! Wir werden uns schon
helfen."
Bei einer Wegzweigung fragte mich der Tritzel: "Geht's da links nicht
hinauf zum Schützenhof?"
"Ja, da geht's zum Schützenhof."
"Ist's wahr, dass er so viel Sachen haben soll, der alte
Schützenhofer?"
"Ja, sie sagen, dass er reich ist," war die Antwort.
"Nachher kommt der Schützenhofer in die Höll'. Die Reichen
müssen alle hinab," sagte der Tritzel. "Aus Nächstenlieb'
sollte man machen, dass sie in den Himmel kommen."
"Ist eh wahr," gab ich bei.
Endlich kamen wir auf den Waldanger. Da lag der Schatten, nur die Baumwipfel
standen im Sonnenschein. Auf dem Anger gab es noch Schnee, auch auf dem Dache
der Kapelle lag er und ließ am Rande tropfende Eiszäpfchen
herabhängen. Als wir dem Eingange nahe kamen, zog der alte Tritzel den Hut
vom Haupt und glättete mit der andern Hand sein graues Haar. Dann
drückte er an der Türklinke. Da gab nichts nach, und er blickte mich
betroffen an. "Ja, weil sie zugesperrt hat," sagte ich.
"Freilich hat sie zugesperrt, du Narr, sonst wär' es offen!"
schnarrte er mich an. Das war mir zuwider. Folgerichtig war mein Wort und
seines ebenfalls, aber warum denn so anschnarren!
Er ging rings um die Kapelle, als suche er einen zweiten Eingang. "Schau
du!" rief er plötzlich, da ist ein Fenster. Der Laden geht auf, so!
Er ist zwar nicht groß, aber eine Spindel wie du kann hinein!"
"Eine Spindel wie ich," war mein Aufbegehren; "nein, da schlief
ich nicht hinein!"
"Ei freilich schliefst hinein, Buberl. Nachher schiebst von innen an der
Tür den Riegel weg und lasst mich ein; wir knien uns hin vor das Kreuz und
beten eins miteinand'."
Vor das Kreuz hinknien und beten, das war freilich verlockend, denn ich hatte
den gekreuzigten Jesu sehr lieb und wollte ihm mit dem Gebet eine Freude
machen. Ich ließ es also geschehen, als der Tritzel mich emporhob, ins
Fenster steckte und tapfer nachschob, weil es doch ein bisschen eng herging an
diesem Himmelspförtlein. Ein Ruck, und ich kollerte drinnen hinab. Auf
einen Schrei, den ich ausgestoßen, fragte er draußen: "Hast du
dir weh getan?"
"Weiß nicht, es ist ganz finster," war die Antwort, denn ich
konnte es nicht sehen ob das Nasse an den Nüstern Blut war oder etwas
anderes. Hernach machte ich mich an die Tür. "Schieb den Riegel
zurück!" rief draußen der Tritzel.
"Es ist kein Riegel," berichtete ich nach längerem Umhertasten.
"Lalli! Wird doch ein Riegel sein. Jedes Schloss hat einen Riegel."
"Aber das ist ein eisernes Schloss, und man kann nicht dazu."
"Ein eisernes? - Du verdammt! Hätt' ich bald gesagt, christlich Weih
ausgenommen." Also er draußen. Und fuhrt fort: "Wart, Buberl,
greif ans Fenster. Da hast eine Zündholzschachtel. Damit zündst die
Kerzen an, die auf dem Altar stehen. - Raspel nur, raspel! Aber du raspelst ja
auf der verkehrten Seiten, wo das Weibsbild pickt! Auf der rauen musst raspeln!
So! Brennt's schon? Richtig, brennt schon, bist ein Buberl, ein braves. Kannst
noch Mesner werden, du, oder gar Pfarrer und Bischof, und noch ein bissel
später Papst. Ei, das wohl! - Du Buberl, weil du schon drinnen bist, geh,
schau, siehst auf dem Altar kein zinnernes Schüsserl nicht stehen?"
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