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Am Grünen Donnerstage
( Annette von Droste Hülshoff )
Evang.: Von der Fußwaschung (Joh. 13, 1-15.)
O Wundernacht, ich grüße!
Herr Jesus wäscht die Füße;
Die Luft ganz stille stand.
Man hört den Atem hallen
Und wie die Tropfen fallen
Von seiner heiligen Hand.
Da Jesus sich tut beugen,
Ins tiefe Meer sich neigen
Wohl Inseln diesem Gruß.
Ist er so tief gestiegen,
So muss ich ewig liegen
Vor meines Nächsten Fuß.
Herr, ob sich gleich betöret
Die Seele mein empöret
Vor aller Niedrigkeit,
Dass ich vielmehr mein Leben
In Qualen aufzugeben
Für deinen Ruhm bereit:
So gib, dass ich nicht klage,
Wenn du in meine Tage
Hast alle Schmach gebannt;
Lass brennen meinen Wunden,
So du mich stark befunden
Zu solchem harten Stand!
O Gott, ich kann nicht bergen,
Wie angst mir vor den Schergen,
Die du vielleicht gesandt,
In Krankheit oder Grämen
Die Sinne mir zu nehmen,
Zu töten den Verstand!
Es ist mir oft zu Sinnen,
Als wolle schon beginnen
Dein schweres Strafgericht;
Als dämmre eine Wolke,
Doch unbewusst dem Volke,
Um meines Geistes Licht.
Doch wie die Schmerzen schwinden,
Die mein Gehirn entzünden,
So flieht der Nebelduft,
Und mit geheimem Glühen
Fühl' ich mich neu umziehen
Die frische starke Luft.
Mein Jesu, darf ich wählen,
Ich will mich lieber quälen
In aller Schmach und Leid,
Als dass mir so benommen,
Ob auch zu meinem Frommen,
Die Menschenherrlichkeit.
Doch ist er so vergiftet,
Dass es Vernichtung stiftet,
Wenn er mein Herz umfleußt:
So lass mich ihn verlieren,
Die Seele heimzuführen,
Den reichbegabten Geist.
Hast du es denn beschlossen,
Dass ich soll ausgegossen
Ein tot Gewässer stehn
Für dieses ganze Leben:
So will ich denn mit Beben
An deine Prüfung gehen.
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